Pressemitteilung 23. Februar 2004

Roots and Routes

Traditionelle und zeitgenössische Percussion-Musik

Ein Abend mit der Amadinda Percussion Group (Budapest)

Gäste: 
Katalin Károlyi (Paris, Gesang)
Gábor Presser (Budapest, Klavier, Percussion) 
János Karácsony (Budapest, Gitarre)

Veranstalter: Ungarisches Institut München e. V.

Sonntag, 18. April 2004, 19.30 Uhr (Einlaß 18.30)

Großer Konzertsaal der Hochschule für Musik und Theater

Arcisstraße 12, 80333 München (U2 Königsplatz)

VVK: 27,90 € / 24, - € / 18,10 € (inkl. VVK-Gebühr)

AK: 26,- € / 22,- € / 16,-- €

Karten bei München Ticket, 089/ 54 81 81 81, www.muenchenticket.de

„Das Publikum genießt es, wenn ein Stück in angemessenem musikalischen Kontext und technisch versiert aufgeführt wird. Denn die Musik muß man hören, nicht verstehen. Und Musik hören kann jeder. Das Problem ist, daß Ideologen uns einreden wollen, daß man Musik verstehen muß. Das muß man nicht. Musik muß man hören."
(Zoltán Rácz, www.mancs.hu/legfrissebb.tdp-azon=9811interju5.htm)

Was bietet die Musik von Amadinda? „Einerseits ist es die unendliche Einfachheit, andererseits eine Art Universalität von elementarer Kraft, die sich im Rahmen einer Art Gemeinschaftsgefühl verwirklicht."
(Zoltán Váczi, Legacies, Hungaroton HCD 31813, 1998)

„Amadinda is the leading Hungarian percussion group and one of the world’s greatest."
(Peter Grahame Woolf, www.musicweb.uk.net/SandH/2002/July02/Hungary.htm)

Amadinda Percussion Group

Die Musik mit Schlaginstrumenten blickt als konzertante Kunstgattung auf eine rund 80jährige Tradition zurück. Die Hauptakteure des hier angekündigten Programms gehören seit 20 Jahren zu ihrer Weltelite. Sie haben sich als Gruppe nach einem Schlaginstrument afrikanischer Herkunft benannt, dessen Name in ihrem Repertoire zugleich ein aus Uganda stammendes Stück bezeichnet.

Dem 1984 gegründeten Ensemble Amadinda liegen vier Ziele besonders am Herzen. Es will das Publikum mit den Percussion-Werken zeitgenössischer Komponisten bekannt machen, vorzugsweise mit denen, die eigens für das Ensemble komponiert wurden. Wichtig ist ihm außerdem die Erforschung der traditionellen Schlaginstrumentenkulturen sowie deren Einflüsse auf die Tonkunst der Gegenwart. Eine entscheidende Rolle messen die vier Musiker, die an der Budapester Franz-Liszt-Musikakademie studiert haben, auch der Aufgabe bei, mit eigenen Werken die Distanz zwischen Komposition und Vortragskunst zu überbrücken. Dabei bauen sie Brücken auch zu Gattungen außerhalb der Klassik, so zu Jazz, Ragtime und Swing. Schließlich widmen sie besondere Aufmerksamkeit der Transkription von herausragenden Stücken aus früheren Epochen der klassischen Musik für Schlaginstrumente.

Mehrfach mit dem Ungarischen Komponisten-Preis ausgezeichnet, ist Amadinda auch 1. Preisträger der Gaudeamus Contemporary Music Competition (Rotterdam, 1985) und des Franz-Liszt-Preises in Ungarn (1988). 1984 gehörte die Gruppe zu den Preisträgern des Internationalen Ferienkurses für Neue Musik in Darmstadt. Ihre Mitglieder erhielten 1997 das Offizierskreuz des Verdienstordens der Republik Ungarn. Sie sind auf internationalen Meisterkursen begehrt: Sie haben an der Yale University, an der Juilliard School of Music (New York) sowie an verschiedenen Musikhochschulen in Japan und Deutschland (z. B. Darmstadt) unterrichtet.

Seit ihrer Gründung hat Amadinda mit vielen weltberühmten Künstlern zusammengearbeitet, so mit John Cage, Bruno Canino, Péter Eötvös, Rosemary Hardy, András Keller, Zoltán Kocsis, György Kurtág, András Schiff und Steve Reich. Zahlreiche Komponisten haben ihr eigene Werke gewidmet, unter ihnen John Cage, Zoltán Kocsis, James Wood, Nan Chang Chien. Sie haben auch Werke von älteren und zeitgenössischen Klassikern wie Béla Bartók, George Gershwin, George H. Green, Red Norvo, Igor Strawinsky und Steve Reich eingespielt. Zu ihrem Konzertrepertoire gehören außerdem Kompositionen von z. B. Claude Debussy, Edvard Grieg und Modest Mussorgski.

Amadinda zeichnet seit 1988, dem Jahr des ersten europäischen Percussion-Festivals in London, auf dem auch sie auftrat, eine rege nationale und internationale Konzerttätigkeit mit Festivalauftritten und Tourneen in zahlreichen europäischen Staaten sowie in Australien, Asien und den USA aus (u. a. Biennale von Zagreb, Huddersfield Contemporary Music Festival, Bath-Festival, Prager Frühling, Viitassaari Contemporary Music Festival, Pariser Herbst, ESPO `92 in Sevilla). Ihre 20. Saison hat sie mit einem Konzert im Londoner Royal Albert Hall im September 2003 eingeläutet.

Die Musik von Amadinda ist mehrheitlich tanzorientiert. Sie zieht das Publikum durch die pulsierende Wiederholung von rhythmischen und harmonischen Einheiten in den Bann. Sie vertont die Synthese von Unveränderlichkeit und Metamorphose. Ihr philosophischer Grundgedanke ist zugleich ihr Erfolgsgeheimnis: sie entsteht durch die Komplementarität einzelner Rhythmen, die einzeln kaum zu bestehen vermögen, weil sich ihre Individualitäten erst im Zusammenspiel zu einem Klangvolumen entfalten. Eine weitere, vielfach beobachtete Eigentümlichkeit dieser Musik ist, daß sich das Zusammengehörigkeitsgefühl während ihrer Aufführung von der Bühne auf das Verhältnis zwischen Künstlern und Zuhörern überträgt. „Die Kunst der Schlaginstrumente ist eine Gemeinschaftskunst", beteuert Amadindas künstlerischer Leiter Zoltán Rácz aus eigener Erfahrung.

Amadinda, die seit 1991 in der heutigen Besetzung spielt, hat aus den Schlaginstrumentenkulturen Afrikas, Asiens und Ozeaniens neben dem Gemeinschaftsgefühl das innige Verhältnis zu eigenen Instrumenten übernommen. Mehrere davon hat es selbst entwickelt und hergestellt (z. B. Zoltán Váczi aus polynesischen Baumstämmen). Ihr imposanter Instrumentenpark besteht u. a. aus:

Amadinda (African xylophone) / Bass drum roar / Bass drums / Bronze bells / Burma gongs / Chimes / Chinese cymbals / Chinese gongs / Chinese tam-tams / Chinese tom-toms / Chromonicas / Claves / Conch shell / Cowbells / Cricker callers / Glockenspiel / Japanese temple bells / Lion’s roar / Log-drums / Maracas / Marimbaphones / Ocarinas / Pedal bass drum / Polynesian drums / Polynesian wooden drums / Prepared piano / Quijada / Rachet / Rattles / Shepherd’s flutes / Sleigh bells / Snare drums / Tambourines / Tin-cans / Tubular bells / Vibraphone / Xylophone.

Die Mitglieder

Károly Bojtos ist u. a. zuständig für die Programmrecherche und die Entwicklung von Instrumenten für das Ensemble.

Aurél Holló unterrichtet am Béla-Bartók-Fachlyzeum für Musik in Budapest und ist als Solo-Percussionist sowie als Gastmusiker verschiedener Formationen tätig. Seine Percussion-Stücke werden von Amadinda aufgeführt.

Zoltán Rácz ist der künstlerische Leiter des Ensembles. Er ist Dozent für Schlaginstrumente und Methodik an der Franz-Liszt-Musikakademie in Budapest. Von 1992 bis 1996 war er – als Gründungsmitglied – erster Pauker des Budapester Festival Orchesters. Seit 1997 ist er Mitglied des Kuratoriums des Budapest Spring Festivals. 1997 hat er auf den Spuren von Béla Bartók und Zoltán Kodály den „Neuen Ungarischen Musikverein" mitbegründet, eine auch als Kammermusikensemble auftretende Initiative zur Förderung von zeitgenössischen Kompositionen sowie deren konzertanter Aufführung.

Zoltán Váczi widmet sich der Recherche der traditionellen Musik und der Entwicklung von Schlaginstrumenten für das Ensemble. Seine Percussion-Stücke werden von Amadinda aufgeführt.

Ausgewählte Discographie

 Amadinda. Hungaroton HCD 12855 (1987)

4’33’’. Mit Zoltán Kocsis. Hungaroton HCD 12991 (1989)

Steve Reich: Music for Mallet Instruments, Voices and Organ. Music für Pieces of Wood. Hungaroton HCD 31358 (1990)

Amadinda Live. Quintana Qui 903081 (1991)

Amadinda, Locomotiv GT, Trio Stendhal: Zörr. Hungaroton HCD 37669 (1992)

Legacies. Hungaroton HCD 31813 (1998).

John Cage: Works for Percussion. Complete Edition II: 1941-1950. Mit Amadinda, Zoltán Kocsis (Piano), Katalin Károlyi (Voice). Hungaroton HCD 31845 (2001)

The Ligeti Project III. Mit u. a. Amadinda, Katalin Károlyi. Teldec Classics 8573876312 (2003).

Zum Münchener Konzert

Das Amadinda-Konzert ist das erste Programm der Veranstaltungsreihe, die das Ungarische Institut München aus Anlaß des Beitritts Ungarns zur Europäischen Union durchführt (dazu Infos demnächst hier auf unserer Homepage). Es soll daran erinnern, daß die grenzüberschreitende Kulturvielfalt auf dem Kontinent auf die Vielfarbigkeit der Kultur in den jeweiligen Herkunftsländern angewiesen ist. Amadinda ist das Beste, was das ungarische Musikleben derzeit in ihrer Gattung bietet. Ihr 20. Geburtstag ist ein vorzüglicher Anlaß für eine Münchener Bühnenproduktion, die einen erlebnisreichen Zugang zu einer ungarischen Kunstart außerhalb der gängigen Klischees über Magyaren öffnet.

Das Münchener Konzert schöpft aus allen Schaffensbereichen des Ensembles. Es beinhaltet sowohl eigene als auch fremde, teilweise Amadinda gewidmete klassische Kompositionen. Rhythmen aus Afrika und Ozeanien, Stücke von herausragenden Vertretern der Percussion-Literatur des 20. Jahrhunderts und vom Jazz-Rock beeinflußte Werke für Schlaginstrumente, E-Klavier und E-Gitarre zaubern während des rund zweistündigen Programms eine dreifach differenzierte Klangwelt in den Konzertsaal hinein. Einen Glanzpunkt setzt – unter Mitwirkung der in Paris lebenden ungarischen Sängerin Katalin Károlyi – der Liederzyklus für Schlaginstrumente und Mezzosopran „Síppal, dobbal, nádihegedűvel“ (Mit Pfeife, Trommel, Schilfrohrgeige), den György Ligeti für Amadinda und Károlyi im Jahre 2000 auf Gedichte von Sándor Weöres (1913-1989), eines der bedeutendsten ungarischen Dichter des 20. Jahrhunderts, komponiert hat. Weitere Höhepunkte versprechen u. a. jene Abschnitte, in denen Amadinda mit zwei Mitgliedern der berühmten ungarischen Rockgruppe „Locomotiv GT", Gábor Presser und János Karácsony, eine eigene und eine Presser-Komposition zum Besten gibt.

Programmfolge

Amadinda – Traditional African Music (Uganda)

Lukas Ligeti: Pattern Transformation

John Cage (1912-1992): Third Construction

György Ligeti: „Síppal, dobbal, nádihegedűvel“ (Mit Pfeife, Trommel, Schilfrohrgeige). Mit Katalin Károlyi (Mezzosopran)

Pause

John Cage: Second Construction

Aurél Holló: ... for John ... Mit Gábor Presser (Klavier)

Gábor Presser: Drum Street Blues. Mit Gábor Presser (Vibraphon), János Karácsony (Gitarre) Deutsche Erstaufführung

George H. Green (1893-1970): Log Cabin Blues

Red Norvo (1908-1999): Hole in the Wall

Otea – Traditional Polynesian Music (Tahiti)

Die musikalischen Gäste

Die in Paris lebende Sängerin Katalin Károlyi (Mezzosopran) begann ihre musikalische Ausbildung an der Geige. Vor ihrem Gesangstudium bei Noëlle Barker und Julia Hamari gehörte sie dem Kinderchor des ungarischen Rundfunks an. 1991-1992 war sie Mitglied des „Centre de Musique Baroque de Versailles" unter der Leitung von René Jacobs, Marc Minkowski und Rachel Yakar. 1993 gewann sie in Ungarn den Sonderpreis der Jury beim Internationalen Wettbewerb für Barockgesang. Ihr Repertoire umfaßt hauptsächlich Werke der französischen und italienischen Barockoper, der Kammermusik des 19.-20. Jahrhunderts und der zeitgenössischen Musikliteratur. Sie hat u. a. mit Yehudi Menuhin („Funeral Rite" von Zoltán Jeney), Rolland Hayrabedian („Les Noces" von Igor Strawinsky), Paul van Nevel (Musik des 15. Jahrhunderts), Bernard Tétu (Deutsche Kammermusik des 19.-20. Jahrhunderts), Philipp Herreweghe („Mass" von Igor Strawinsky), Laurence Equilbey (Lieder von Debussy, Ravel und Poulenc), Peter Srottner („Elektra" von Richard Strauss), David Robertson („De Staadt" von Louis Andriessen) und Pascal Rophé („Music for 18 musicians" von Steve Reich, „She is asleep" von John Cage", „Niobé" von Pascal Dusapin) zusammengearbeitet. Seit 1994 ist sie ständiges Mitglied von „Les Arts Florissants" unter der Leitung von William Christie (mit Werken u. a. von Marc-Antoine Charpentier, Stefano Landi, Claudio Monteverdi). Sie tritt regelmäßig auf großen Musikfestivals und in den international führenden Konzertsälen auf (z. B. Ravinia Festival Chicago, Festival d’Aix-en-Provence, Budapest Spring Festival, Carnegie, Wigmore und Barbican Hall, Concertgebouw Bruges, Mailänder Scala, Pariser Oper, Royal Albert Hall London, Brooklyn Academy of Music). Wenige Tage nach ihrem Münchener Gastspiel mit Amadinda tritt sie in der Londoner Queen Elizabeth Hall und im Concertgebouw von Bruges mit „Naturale" und „Folk Songs" von Luciano Berio auf. Zu ihren aktuellen Projekten gehören „Sheherezade" von Ravel mit Zoltán Kocsis und der Nationalphilharmonie Ungarns sowie das von György Ligeti für sie und Amadinda komponierte Stück „Síppal, dobbal, nádihegedűvel“ (Mit Pfeife, Trommel, Schilfrohrgeige), das sie in München mit vortragen wird.

Ausgewählte Discographie:

Marc-Antoine Charpentier: La Descente d’Orphée. Erato Classics 0630119132 (1996)

Marc-Antoine Charpentier: Les Plaisirs de Versailles. Erato Classics 0630147742 (1996)

Stefano Landi: Il Sant’Alessio. Erato Classics 0630143402 (1996)

John Cage: Works for Percussion. Complete Edition II: 1941-1950. Mit Amadinda, Zoltán Kocsis (Piano). Hungaroton HCD 31845 (2001)

The Ligeti Project III. Mit u. a. Amadinda. Teldec Classics 8573876312 (2003).

Gábor Presser ist seit über drei Jahrzehnten ein künstlerisches Schwergewicht der nicht immer nur „leichten" Musik in Ungarn: als Bandleader der inzwischen legendären Rockgruppe „Locomotiv GT" (LGT), als Songwriter für zahlreiche Konzert-, Film- und Theaterproduktionen sowie als Solist am Klavier und vielen anderen Instrumenten. Er tritt regelmäßig als Gaststar bei Konzerten von Amadinda sowohl an den Tasten als auch am Vibraphon auf. Dabei ertönt in der Regel auch sein für Amadinda 1989 komponiertes Stück „Drum Street Blues" (das beim Münchener Konzert erstmals in Deutschland aufgeführt wird). Die Silvesterkonzerte von Amadinda / Presser und weiteren Gästen in der Franz-Liszt-Musikakademie von Budapest haben in den letzten Jahren Musikkenner aus dem Klassik- und dem LGT-Lager zu einer besonderen Sorte von Kunstgenießern vereint.

Aktuelles Soloalbum: Angyalok és emberek [Engel und Menschen]. BMG Ariola Hungary, 74321798792 (2000)

Aktuelles LGT-Album: A fiúk a kocsmába mentek [Die Jungs gingen in die Kneipe]. BMG 74321 939632 (2002)

Mit Amadinda, Locomotiv GT und Trio Stendhal: Zörr. Hungaroton HCD 37669 (1992)

Weitere Informationen zu Presser in der Pressemitteilung des Ungarischen Instituts vom 28. September 2001.

Der Gitarrist, Sänger und Komponist János Karácsony (mit inoffiziellem Künstlernamen „James") hatte nach klassischem Musikstudium 1971 die ungarische Rockband „Generál" mitbegründet. Seit 1974 ist er Mitglied der „Locomotiv GT", deren Repertoire er mit eigenen Kompositionen wesentlich mitbestimmt. Vielen gilt er als der ungarische Rockmusiker mit der schönsten Gesangstimme und dem einfühlsamsten Gitarrenspiel – ein Ruf, den er sich seit den späten 1980er Jahren nicht zuletzt als Solokünstler und Gastmusiker verschiedener Formationen – so auch der Amadinda – erwarb.

Aktuelles Soloalbum: James: Boldog Karácsony [Frohe Weihnacht]. NarRator Records 030 (2002)

Mit Amadinda, Locomotiv GT und Trio Stendhal: Zörr. Hungaroton HCD 37669 (1992)