WS 2002/2003

Zwischen Revolution und Ausgleich.

Das Österreichisch-ungarische Verhältnis 1849-1867 im Spiegel der Fachliteratur und von neuen Archivalien

Beginn 16. Oktober 2002

Mittwochs 11-13 im Historicum, R 327

Nach den überstandenen revolutionären Erschütterungen im Völkerfrühling 1848 ging die Führung der Habsburgermonarchie daran, alle Reichsteile zu einem Einheitsstaat zusammenzufügen. Mit ihrer zentralistisch-autokratischen Macht schob sie konstitutionellen und nationalen Sonderbestrebungen einen Riegel vor. Gleichzeitig ergriff sie Maßnahmen, die den Kaiserstaat altfeudalen Strukturen entheben sollten. Die Rolle Ungarns in dieser neoabsolutistischen „Neugestaltung" steht im Mittelpunkt der Veranstaltung. Ältere und jüngere Standpunkte der internationalen Forschung vor allem in bezug auf Träger, Praxis und Entwicklungsmöglichkeit der Kronlandverwaltung sollen Erkenntnissen gegenübergestellt werden, die aus neu erschlossenen Archivalien österreichischer und ungarischer Provenienz zu gewinnen sind.

Organisatorisches: Die Übung will die literatur- und quellenkritische Arbeit anhand von deutsch- und ungarischsprachigen Handschriften aus dem 19. Jahrhundert fördern. Die Themenliste wird im Sekretariat der Abteilung rechtzeitig ausgehängt. Archivalien und Sekundärliteratur werden während des Semesters ausgeteilt. Scheinerwerb nach LPO I §71 (1)Abs. 2d (Theorie und Methode) ist im Falle regelmäßiger Teilnahme und gegen Vorlage einer erfolgreichen Hausarbeit möglich. Kenntnisse des Ungarischen wären hilfreich, sind aber keine Voraussetzung der Teilnahme.

Literatur: Ágnes Deák: „Nemzeti egyenjogúsítás". Kormányzati nemzetiségpolitika Magyarországon 1849-1860 [„Nationale Gleichberechtigung". Regierungsamtliche Nationalitätenpolitik in Ungarn 1849-1860]. Budapest 2000; Waltraud Heindl: Bürokratie und Verwaltung im österreichischen Neoabsolutismus. In: Österreichische Osthefte 22 (1980) 231-265; Zsolt K. Lengyel: Neoabsolutismus-Probleme. Verwaltungsgeschichtliche Aspekte zum Fall Ungarn. In: Levéltári közlemények 70 (1999) 79-105; Stefan Lippert: Felix Fürst zu Schwarzenberg. Eine politische Biographie. Stuttgart 1998; Oszkár Sashegyi: Ungarns politische Verwaltung in der Ära Bach 1849-1860. Graz 1979; Matthias Stickler: Erzherzog Albrecht von Österreich. Selbstverständnis und Politik eines konservativen Habsburgers im Zeitalter Kaiser Franz Josephs. Husum 1997.

 

Themenliste

16. 10. Einführung in die Thematik, die Fachliteratur und das Quellenmaterial

23. 10. Ungarn im österreichischen Neoabsolutismus: der verwaltungshistorische Untersuchungsaspekt

 

Träger

30. 10. Hauptorgane der Zentralregierung: Reichsrat, Ministerrat, Ministerkonferenz

4. 11. Die Verwaltung des Kronlands Ungarn: regionale und sachliche Struktur

13. 11. Die Beamtenschaft: Einheimische

20. 11. Die Beamtenschaft: Fremdländer („Bach-Husaren")

 

Praxis

27. 11. Aufbau und Normen der Kronlandverwaltung (I): der (militärisch-)politische Zweig

4. 12. Aufbau und Normen der Kronlandverwaltung (II): der rechtliche und der finanzielle Zweig

11. 12. Der Verwaltungsalltag in Ungarn

18. 12. Projekte „heilsamer Neuerungen" im sozialen und technischen Bereich (Auswahl)

 

Spielräume der Selbsterneuerung

8. 1. „Modernisierung" in der zentralistischen Autokratie (I): die Sicht der Staatsführung

15. 1. „Modernisierung" in der zentralistischen Autokratie (II): die Sicht der Kronlandbevölkerung

22. 1. Fallstudien zum Reformpotential des Systems (I): Gemeindewesen

29. 1. Fallstudien zum Reformpotential des Systems (II): Landesvertretungen

 

5. 2. Schlußbetrachtungen und Ausblick: Möglichkeiten der Einordnung des österreichischen Neoabsolutismus in die Geschichte Ungarns